Aus der Bahn
Zur großen Freude aller Beteiligten sind die Aufführungen mittlerweile wieder ein fester Bestandteil des Schullebens. Das diesjährige Stück der Theater-AG mit dem Titel "Aus der Bahn" entstand zu großen Teilen aus einem Kurzprosatext, den die Abiturientin Franziska Nagel im Rahmen der Schreib-AG als besondere Lernleistung verfasst hat und der von Frau Grunert um einen weiteren Handlungsstrang ergänzt wurde.
Ein gutgläubiges Mädchen (Johanna Heinrich) läuft von ihrer Mutter (Petra Premerl) weg, um ihren Freund zu treffen, den sie im Internet kennengelernt hat. Morgens am Bahnhof sind zahlreiche Passanten eilig auf dem Weg zur Arbeit und werden erst aus ihrem Takt gebracht, wenn sich etwas besonderes ereignet. Sei es das junge Mädchen, das - bepackt mit einem großen, roten Herzkissen - erstmals allein in der großen Stadt unterwegs ist, sei es der schüchterne Junge (Illia Havrylenko), der seinem Traum, Musiker zu werden, ein Stückchen näher kommt. Auf ihrem Weg trifft das Mädchen frühmorgens am Bahnhof auf zahlreiche merkwürdige Gestalten: Clubgängerinnen (Mia Briamonte und Judith Wütz) versuchen sie, zum Feiern mitzuziehen, ein Obdachloser (Joshua Kilgus) nutzt ihre Gutgläubigkeit aus, um sie zu beklauen und ein Anmacher (Jonathan Niederberger) probiert seine Sprüche an ihr aus. In der Bahn trifft sie auf Ausländerfeinde (Judith Wütz und Jonathan Niederberger) und Verschwörungstheoretiker (Hendryk Ferreira-Grabowski), deren Parolen sie sich engagiert entgegensetzt, um dann festzustellen, dass diese an echtem Austausch nicht interessiert sind.
Außerdem kommt es zu einer ersten zaghaften Begegnung zwischen dem schüchternen Jungen, der in ihrer Gegenwart kaum ein Wort herausbringt und es auch nur in Gedanken schafft, sich gegen die Forderung seines Vaters (Hendryk Ferreira-Grabowski) zu wehren. In all diesen Situationen bleibt das Herzkissen nicht mehr nur Trostspender oder Liebesbeweis der Internetbekanntschaft, sondern wird zum Symbol dafür, einander zuzuhören und sich auch für andere einzusetzen.
Bei der Begegnung mit den Influencerinnen (Viviene Krimmer und Tara Siegmann), deren Welt sich um Makeup und Klickzahlen dreht, bemerkt sie, dass hinter der glitzernden Fassade menschliche Abgründe liegen und man nicht alles glauben kann, was im Internet gezeigt wird.
Für die nötige Komik sorgen die gesundheitlichen Problemchen der älteren Damen (Annika Wütz und Petra Premerl) sowie die drei Bauarbeiter (Benjamin Bannow, Joshua Kilgus und Lukas Wiedemann), die mit der Streckenplanung des neuen Bahnhofs überfordert sind, weil ein Kiosk noch immer den Weg für die neuen Rolltreppen versperrt.
Die Besitzerin dieses Kiosks (Franziska Nagel) erzählt dem am Bahnhof gestrandeten Mädchen bittersüße Episoden aus ihrer Kindheit, in der sie sich gemeinsam mit ihrer Freundin den Verboten der Erwachsenen widersetzt, um am Bahnhof Abenteuer zu erleben:
Immer wieder entführt Em (Thea Gross, Mia Briamonte und Tara Siegmann) mit ihrer Fantasie die brave Lea (Hanna Burkert, Annika Wütz und Judith Wütz) in ihre wilde Piratenwelt und immer wieder wird diese durch die Erwachsenen gestört.
Gelingt es den beiden anfangs noch spielend, die Abenteuerwelt lebendig werden zu lassen, sodass man als Zuschauer statt Züge nun Wellenrauschen zu hören glaubt, fällt es Em, je älter sie wird, umso schwerer, sich den Regeln der Erwachsenen anzupassen, auch die Verwandlung der Umgebung sowie die Flucht aus der Realität mag nicht mehr gelingen, bis sich die Katastrophe unvermeidlich nähert.
Durch die Gespräche mit der Kioskbesitzerin, erkennt das Mädchen, dass die Warnungen der Eltern zwar häufig dazu dienen, Gefahren abzuwenden, aber man letztlich nicht glücklich werden kann, wenn man immer nur das tut, was von einem erwartet wird.
Da sich ihre Internetbekanntschaft als große Enttäuschung herausstellt, findet sie schließlich in dem schüchternen Jungen, der im entscheidenden Moment Mut beweist, einen Partner für gemeinsame Träume.
Unsere Straßenmusiker Herr Bartl, Moritz Huber und Johannes Schöbel sorgten für Ohrwürmer und wippende Knie. Das Bühnenbild entstand in bewährter Tradition durch die fähigen Hände Ulrike Reinhards. Die richtige Bahnhofsatmosphäre durch Licht und Ton lieferte die Technik-AG unter der Leitung von Herrn Buchholz. Zahlreiche SchülerInnen und Lehrkräfte besuchten, teils im Klassenverbund die Aufführungen und wurden vortrefflich unterhalten, positiv überrascht und verließen mit neuen Ohrwürmern die gut besuchte Aula.
Die Theater-AG wurde in diesem Jahr von Frau Grunert, Herrn Schweizer und Anne Leßmeister, einer ausgebildeten Schauspielerin, geleitet und besteht aktuell aus 16 spielfreudigen SchülerInnen aus den Klassen 7, 9, J1 und J2. Wir freuen uns sehr, wenn DU unser tolles Team nächstes Jahr bereicherst!
Gu
Die Aufführung begeisterte mit einer gelungenen Mischung aus Tiefgang, Witz und Fantasie. Die schauspielerische Leistung der Beteiligten war beeindruckend. Jede Rolle wurde mit Hingabe und Freude am Spiel verkörpert. Die Regiearbeit von Frau Grunert, Herrn Schweizer und Anne Leßmeister war exzellent. Mit viel Feingefühl und dem richtigen Blick für Details haben sie das Ensemble zu Höchstleistungen geführt. Das Publikum zeigte sich bewegt, oft zum Lachen gebracht und immer wieder zum Nachdenken angeregt. Am Ende wurden die DarstellerInnen und das gesamte Team mit tosendem Applaus belohnt – ein verdienter Lohn für ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk.
Be